Update-Info

07.01.2015: Ich wünsche allen ein (verspätetes) frohes neues Jahr! :)

Bei uns hat das Jahr leider mit einer Krebsdiagnose begonnen. Nicht meine, aber dennoch werden die Kapitel in absehbarer Zeit nur sehr unregelmäßig erscheinen.

Donnerstag, 24. April 2014

Von Edelsteinen und Papierengländern 19:


Ich rutschte näher. Berühren tat ich ihn noch nicht, aber viel fehlte nicht mehr. Das … das war nicht mein Ding. Ehrlich nicht. Kuscheln. Mit Männern. Nein.
Also, klar, theoretisch wahrscheinlich schon, wenn man in Betracht zog, dass ich homosexuell war. Aber … aber das war nicht geplant gewesen! Irgendwann, wenn ich es nicht mehr anders aushielt, Sex, okay – wenn es nicht anders ging. Gehörte wohl einfach zum Schwulsein dazu. Aber mehr nicht. Kein Kuscheln, keine Gefühle, am liebsten auch keine Küsse. Nur Triebbefriedigung – für den Trieb konnte ich ja nichts, da war bereits vor meiner Geburt was schief gelaufen. So wie das Intermezzo an meiner Zimmertür: Das war reine Triebbefriedigung gewesen. Viel zu früh – ich hatte von mir selbst mehr Selbstkontrolle erwartet – aber wenigstens ohne Ballast. Angekuschelt werden, so wie gestern – das konnte man auch noch durchgehen lassen. Ich hatte ja nichts getan, nur dagelegen. Selber kuscheln aber, das war ein ganz anderes Kaliber. Das implizierte, dass ich es wollte. Was ich nicht tat.
Dann kannst du ja gehen, erklang Rubins Stimme in meinem Kopf, niemand hält dich auf.
Warum hatte er das auch sagen müssen? Dass ich nichts ‚musste‘? Dass er auf keinerlei Gegenleistung bestand? Das war doch beschissen! Wer wollte so was schon hören? War ihm denn nicht klar, dass es einfacher für mich war, wenn ich mir sagen konnte, dass ich keine andere Wahl hatte?
Bastard, wirklich.

Mittwoch, 16. April 2014

Von Edelsteinen und Papierengländern 18:


„Sollten wir nicht langsam aufstehen?“
„Nein.“
„Wie spät ist es?“
„Interessiert mich nicht.“
Ich seufzte. Ich hatte keine Ahnung, wie lange wir nun schon hier lagen, aber es war sicher später, als ich in diesem Jahr je aufgestanden war. Und langsam wurde ich unruhig. Ich war einfach nicht der Typ, der gerne unnötig lange im Bett herumlag. Rubin offensichtlich schon, denn der kuschelte immer noch. Mittlerweile wieder inklusive Daumenstreicheln, also war er wach. Wieso ließ ich das eigentlich mit mir machen?
Mein Verstand brabbelte etwas von einer ‚Rubins Drohung von versauter Laune‘, und auch wenn sich das nach einer äußerst fadenscheinigen Ausre…Erklärung anfühlte, beließ ich es dabei. Eine bessere hatte ich nämlich nicht – was wirklich fantastisch war. Wirklich, genial. Aber absolut. Ich hatte schon seit Ewigkeiten davon geträumt, so einmal meinen Tag zu beginnen: mit schlechten Begründungen an meinen amerikanischen Nachhilfelehrer gekuschelt. Yippie.
„Lässt du mich dann wenigstens los, damit ich auf die Uhr schauen kann?“ Und ja, er hielt mich wirklich fest, umschlungen, irgendwie. Das an sich war nicht so schlimm, eigentlich, irgendwie – ach, keine Ahnung, ich wollte einfach aufstehen!
„Wir haben Weihnachtsferien, du hättest heute sowieso herkommen müssen – also ist es doch egal, wie spät es ist“, sagte er, seufzte dann und rollte sich plötzlich über mich.
Äh – was wird das, wenn’s fertig ist?
Er streckte die Hand aus, kramte einen Moment in der Nachttischschublade und hielt mir dann plötzlich eine Armbanduhr vor die Nase.
„Zufrieden?“
Zwölf Uhr siebzehn.
Zwölf Uhr siebzehn?!
„Es ist bereits Mittag!“
Rubin sah selbst auf die Uhr und zuckte dann mit den Schultern.
„Und?“
Und? Wir müssen endlich aufstehen, verdammt! Wir haben so schon den halben Tag verschlafen.“
„Wir sind ja auch spät zu Bett gegangen.“
Ich sah ihn unbeeindruckt an und er seufzte und ließ den Kopf auf meine Schulter fallen.
„Du hast keine Kuschelausdauer.“
„Hab ich auch nie behauptet.“
Er schnaubte unwillig.
„Was denn“, fragte ich, „wirfst du mich jetzt deswegen raus?“
„Nein“, erwiderte er nonchalant, „Ich hab mich nur gefragt, wo ich die Handschellen hingetan habe.“ Dann richtete er sich auf und stieg kurzerhand aus dem Bett. „Das macht dann abgerundet neun Stunden kuscheln – also bekomme ich noch einmal neun.“

Mittwoch, 9. April 2014

Von Edelsteinen und Papierengländern 17:


Ich war weit entfernt von jeglicher Art Entspannung, allen voran Schlaf. Auf der Seite liegend, mit Rubin im Rücken, am Rücken, seinen Arm um mich, seinen Atem auf meiner Haut – wer konnte es mir verdenken? Keine optimale Situation für Schlaf. Noch weniger, weil er auf die Idee kam, seine Nase in meinen Haaren zu vergraben. Keine Ahnung, wer ihm das erlaubt hatte, aber ich war es sicher nicht gewesen. Ihn davon abhalten oder ihn deswegen wegschieben tat ich aber trotzdem nicht, weil …
Also, weil …
Mist.
Alles seine Schuld.
Aber ehrlich, ich hatte mir schon die Blöße gegeben und dem Kuscheln zugestimmt. Und, auch wenn ein erhöhter Puls auf Dauer ungesund war, fühlte er sich auf eine masochistische Weise gut an. Das Herzklopfen, die Anspannung – ich wusste, dass Rubin nichts tun würde, aber dennoch war es da, zusammen mit den bisherigen Bildern; denen von der ersten Nachhilfe, aber auch unschuldigere: von heute, wie er sich ausgezogen hat; wie er am Weihnachtsmorgen nach der Dusche ausgesehen hatte; wie er entspannt auf Betsys Bank saß und mit mir über die Bedingungen für eine Patenschaft diskutierte. Grübchen. Die wenigen Male, als er gelacht hatte.
Oh, verflucht. Ich war nicht grundsätzlich dumm, aber ich wollte gerade ein ganzes Stück dümmer sein, als ich war. Begriffsstutziger, vor allem.

Mittwoch, 2. April 2014

Von Edelsteinen und Papierengländern 16:


Nikki-Graus hatte sein Abenteuer beendet, Weihnachten war gerettet und die schaurig-schöne Musik, die fast jeder kannte, leitete den Abspann ein. Rubin neben mir gähnte leise, schaltete den DVD-Player aus und das Licht an.
„Ich bin müde.“
Ja, das sah man ihm an, sogar dann, wenn man, wie ich gerade, geblendet war.
Ich nickte, nahm unsere Teller und brachte sie in die Küche, wo ich sie halbpatzig abspülte und in den Geschirrspüler packte. Rubin schob unterdessen den Fernseher wieder an seinen angestammten Platz und kam dann zu mir, murmelte ein Danke, ging vor mir in den ersten Stock hinauf.
Mein Magen fand offensichtlich, dass Treppensteigen ein guter Zeitpunkt war, um mit neumodischen Mätzchen anzufangen. Und mit jeder Stufe wurden sie schlimmer.
Rubin öffnete ein Schränkchen im Bad und griff sogar in seinem übermüdeten Zustand zielsicher nach einer neuen Zahnbürste – so zielsicher, dass ich mir wiederum sicher war, dass er nicht das erste Mal jemandem eine Zahnbürste gab, obwohl er fast aus den Latschen kippte. Hm. Das … hm.
„Hier, Zahnbürste. Der Waschlappen da, der rechte, ist auch frisch. Das rechte Handtuch auch. Ich schau noch mal nach Betsy; du weißt ja, wo das Bett steht.“
Ich nickte, auch wenn mir bei dem Gedanken nicht so wohl war. Sicher, ich wusste, wo das Bett stand – wo ein Bett, nämlich seines, stand. Und ich wusste auch, dass es, genauso wie der Raum an sich, groß genug für zwei war, aber – wie sagt man so schön? Die Größe ist nicht wichtig – und das galt auch für mich, denn auch wenn ein breites Bett besser als ein schmales Bett war, war es immer noch ein einziges Bett und mir ein einziges Bett mit Rubin zu teilen erschien mir nicht gerade wie die beste Idee des Jahrhunderts.
„… Gästebett?“