Wonder, von J. R. Palacio
"It's like people you see, sometimes, and you can't imagine what it would be like to be that person, whether it's somebody in a wheelchair or somebody who can't talk. Only, I know that I'm that person to other people, maybe to every single person in that whole auditorium.
To me, though, I'm just me. An ordinary kid."
Es ist wie bei den Leuten, die du manchmal siehst, und du kannst dir nicht vorstellen, wie es wäre, diese Person zu sein, egal, ob es jemand in einem Rollstuhl ist oder jemand, der nicht reden kann. Nur, ich weiß, dass ich für andere diese Person bin, vielleicht für jeden einzelnen in der ganzen Aula.
Für mich, aber, bin ich nur ich. Ein gewöhnlicher Junge." (frei übersetzt, wie alle Zitate hier.)
Das erste "neue" Buch, das ich 2013 gelesen habe. Ich schiebe es auf die zwei Wochen krank sein und auf die fehlende Zeit und darauf, dass ich die letzten Wochen über nur Bücher, die ich bereits gelesen hatte in die Hand nahm – oh, und auf die Audiobücher von den Dresden Files, die mir das Kranksein versüßt haben. James Marsters' Stimme ist süchtig machend.
Ich habe das Buch vor in der ersten Januarwoche gekauft und mir am achtzehnten endlich Zeit genommen, es zu lesen. War es die etwas acht Stunden wert? Definitiv!
Warum ich das Review heute hochlade? Weil heute die deutsche Übersetzung rausgekommen ist und ich dachte, ich nehme das zum Anlass.
Wonder ist schwierig zu beschreiben. Oder auch nicht. Kein Ahnung. Ich will es dennoch versuchen.
Kurzbeschreibung:
"My name is August, by the way. I won't describe what I look like. Whatever you're thinking, it's probably worse."
"Mein Name ist August, mal nebenbei. Ich werde nicht beschreiben, wie ich aussehe. Was auch immer du dir vorstellst, es ist wahrscheinlich schlimmer."
(Das ist das Zitat, das alle Reviews ganz an den Anfang stellen, also dachte ich, ich schwimm mal nicht allzu sehr gegen den Strom.)
August ist zehn Jahre alt, hat eine vier Jahre ältere Schwester, liebevolle Eltern und eine tolle Hündin, Daisy. Er hatte nie viele Freunde, aber seit sein bester Freund Christopher weggezogen ist und der einzige andere angefangen hat, zur Schule zu gehen, ist er noch einsamer. Neue Freunde zu finden ist nicht leicht für ihn – nein, nur schon in den Park spielen oder aus den paar Straßen seines Viertels, wo "man ihn kennt" rauszugehen ist nicht leicht. Denn August hat eine sehr ausgeprägte Missbildung im Gesicht, was die Mütter anderer Kinder seit er denken kann dazu bringt, ihre Kinder vor ihm "in Sicherheit" zu bringen, und die ihm Spitznamen wie "Zombie" oder "Ork" einbringen. Und viele Erwachsene, obwohl bemüht nett, behandeln ihn als wäre er geistig zurückgeblieben, obwohl er abgesehen von seinem Gesicht wie jeder andere Zehnjährige ist. Okay, wie jeder andere zehnjährige Star Wars-Fan.
Nun aber haben seine Eltern beschlossen, dass es Zeit für ihn ist, die Schule zu besuchen und so beginnt er sein erstes Jahr auf der Mittelschule, zusammen mit einem Haufen anderer Zehnjähriger, die ihn weder kennen noch wissen, wie sie mit ihm umgehen sollen.
Kritiken:
Vorwiegend positiv, das Ding ist, verdienterweise, ein New York Times Bestseller und hat dazu einiges an Preisen abgeräumt.
Persönliche Meinung:
Das Buch ist verdammt gut darin, dem Leser Augustus' Blickpunkt verständlich zu machen und ihm zu zeigen, dass er, abgesehen von der Missbildung, wirklich ein ganz normales Kind ist, das tapfer gegen die Hürden kämpft, die ihm in den Weg gelegt werden. Der Schmerz, den er sich selbst verbietet zu fühlen, wenn jemand bei seinem Anblick erschrickt, ist sehr authentisch, ebenso wie die Freude, wenn er einfach nur mit seinem neuen Kumpel Jack irgendeinen frechen Spruch im Unterricht flüstert. Absolut goldig!
Auch die anderen Figuren sind plastisch und glaubwürdig beschrieben, wobei der Fokus ganz klar auf den Kindern liegt. Die Hälfte (vielleicht ein bisschen mehr) des Buches sind aus Augustus' Sicht geschrieben, der Rest aus verschiedenen Perspektiven, keine Älter als vierzehn: Seine Schwester, deren ehemalige beste Freundin, ihr erster Freund, Augustus' engste Freunde Summer und Jack. Es ist alles sehr liebevoll und optimistisch geschrieben und auch wenn einem klar ist, dass Augustus' Leben nie einfach sein wird (vor allem nicht, wenn er erst zum Teenager mutiert), lässt einen das Buch mit dem Gedanken zurück, dass er das schaffen wird.
Ich liebe die Details! Dass er Halloween so liebt, weil er da endlich mal nicht aus der Reihe sticht; die Art, wie und was er isst; der selbstironische Humor, den der kleine Kerl an den Tag legt.
Ich muss zugeben, als nach 80 Seiten die Erzählperspektive plötzlich zu Auggies Schwester Via wechselte, war ich enttäuscht. Ich mag Geschichten mit mehreren abwechselnden POVs nicht, vor allem, wenn es auch noch mehr als zwei sind. Und dennoch, spätestens beim zweiten Wechsel war ich froh darüber, weil Palacio es schafft, durch die verschiedenen Perspektiven ein runderes, ganzheitlicheres Bild zu erschaffen, und Auggies Welt bunt erblühen zu lassen.
Die Sprache ist einfach gehalten, aber das ergibt sich aus der Erzählperspektive und daraus, dass es ein Kinder- bis Jugendbuch ist (je nachdem, bei welchem Alter man die Grenze setzt). Dennoch ist es auch für Erwachsene durchaus zu empfehlen, denn der Schreibstil ist gut, meist locker und humorvoll, aber bittersüß wenn es nötig ist.
Allerdings hätte ich die zehnjährigen Erzähler älter geschätzt, wenn ich nicht gewusst hätte, wie alt sie sind. Jack und Summer weniger, aber Auggie schon, da war der Unterschied zwischen ihm und seiner Schester verschwindend gering, obwohl eigentlich 4 Jahre zwischen ihnen liegen sollten. Aber gut, er musste wohl auch schneller erwachsen werden, von daher ist es doch glaubwürdig.
Was mir nicht gefiel, war, dass nur beim Freund der Schwester eine eigene Groß-Kleinschreibung (alles klein) benutzt wurde, während die anderen durchweg grammatikalisch und orthographisch korrekt schreiben. Vor allem, da man beim Facebook-Chat sieht, dass Auggie mit Jack durchaus die kinder-/teenagertypischen Schreibwesen ("wud u really wan to kill urself if u wer me???") benutzt. Es fühlte sich einfach fehl am Platz an.
Fazit:
Wonder ist ein sehr gelunges, einfühlsames Buch, das einem Einsicht in ein Leben bietet, vor dem die meisten im Alltag wohl lieber ihre Augen verschließen möchten. Es zieht einen vollkommen in Augusts Welt und man fühlt mit ihm, hofft mit ihm, ärgert und freut sich mit ihm. Und wie die besten Bücher, regt es zum nachdenken an, auch nachdem man es längst weggelegt hat.
"I think there should be a rule that everyone in the world get a standing ovation at least once in their lives."
"Ich denke, es sollte eine Vorschrift geben, dass jeder in der Welt wenigstens einmal im Leben einen Stehapplaus kriegt."
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen