Update-Info

07.01.2015: Ich wünsche allen ein (verspätetes) frohes neues Jahr! :)

Bei uns hat das Jahr leider mit einer Krebsdiagnose begonnen. Nicht meine, aber dennoch werden die Kapitel in absehbarer Zeit nur sehr unregelmäßig erscheinen.

Montag, 10. Dezember 2012

Wieder und wieder 06:

Klärende Gespräche, die nichts besser machen.


Mein Herz begann nicht heftig zu pochen, mein Puls raste nicht. Das konnten sie auch nicht, denn mein Herz schien vaporisiert worden zu sein. Und ohne Herz kein Puls, das wusste schließlich jedes Kind.
Mischa, nah. Mischa und ich alleine in der Wohnung. Mischa, der gerade gesagt hatte, was ich so gerne hören wollte.
Und dann übernahm mein Verstand wieder und erinnerte mich daran, dass ich das schon einmal gehört hatte, von Michael, und dass ich mir versprochen hatte, nicht noch einmal die gleiche Scheiße durchzumachen. Mir und Anita. Und Klaus, aber Ta war definitiv furchteinflößender.
Ich senkte den Blick. „Mischa …“ Ich brauchte nicht weiterzusprechen, er wusste, was ich sagen wollte.
„Ist es wegen deinem Ex?“ Er wandte sich ab, ging einen Schritt, wandte sich mir wieder zu. „Thomas hat mir gesagt, dass ich ihm ähnlich sehe und von dir weiß ich, wie er sich verhalten hat, aber – wenn du immer noch nicht sehen kannst, dass ich nicht so bin wie er, dann weiß ich auch nicht, was ich machen soll!“
Zwei Meter. Zwei Meter Dielenboden waren zwischen uns, aber es fühlte sich wie ein ganzer Ozean an. Allerdings – vielleicht lag es daran, dass es Nacht und ich durcheinander und so viel passiert war, aber auch wenn ich gestern meine Füße noch auf dem Festland verankert gehabt hatte, stand ich jetzt auf einem wackeligen Floss, das sich nicht entscheiden konnte, ob es von der Strömung zurück auf meine oder doch lieber auf seine Seite getrieben wurde. Oder werden wollte.
„Es war nicht nur Michael. Es waren alle.“ Die Worte kamen nicht leicht über meine Lippen. Nicht, weil ich sie mir nicht eingestehen wollte, sondern, weil ich mich dafür schämte. Ich wollte nicht, dass er wusste, was für ein Versager ich in diesen Dingen war. Denn es war nicht einfach nur Pech, dass ich an diese Kerle geraten war, nein. Ich hatte sie mir ja selbst ausgesucht. „Die Männer, mit denen ich bis jetzt etwas hatte, waren alle irgendwo wie er. Äußerlich wie vom Verhalten her.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich stehe ich einfach auf … Arschlöcher.“

„Und du hältst mich auch für eines?“
„Nein.“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich habe nicht den Eindruck, dass du … aber bei Michael dachte ich das auch nicht. Ich traue meiner Menschenkenntnis nicht, was das angeht. Verstehst du? Und …“
„Und?“
Ich wandte den Blick ab. „Und wenn ich daran denke, wie sehr ich ihn anfangs gemocht habe und als was für ein Arsch er sich herausgestellt hat, und dann daran, wie sehr ich dich …“ Ich zuckte mit den Schultern. „Falls da eine proportionale Relation besteht, will ich echt nicht wissen, wie du wirklich bist.“
Mischa ließ sich das einen Moment durch den Kopf gehen, dann schüttelte er den Kopf. „Du vertraust mir nicht, weil du mich magst – und je mehr ich dich dazu bringe, mich zu mögen, desto weniger vertraust du mir?“ Er warf die Hände in die Luft. „Das ist doch verrückt!“
Ich schwieg. Was hätte ich auch sagen sollen? Ich wusste, dass es bescheuert war, aber ich wusste auch, wohin mich mein Männergeschmack bisher gebracht hatte.
Er pirschte mehrmals hin und her und erinnerte mich dabei an den Löwen, den ich als Kind im Zoo gesehen hatte und der immer in einer Acht in seinem viel zu kleinen Käfig herumgelaufen war. 
„Und Thomas’ Menschenkenntnis vertraust du auch nicht? Er wäre sicher nicht mit mir befreundet, wenn ich so wäre wie dein Ex!“
„Thomas kenne ich noch nicht lange genug, um auf seine Einschätzung zu vertrauen“, erwiderte ich leise. Ich wollte nicht jedem seiner Versuche etwas entgegenhalten, aber ich konnte auch nicht so tun, als hätte er mich überzeugt. Was würde das denn bitte bringen? „Außerdem ist es etwas anderes, ob man mit jemandem befreundet oder zusammen ist. Nur, weil jemand den Partner betrügt, muss er kein schlechter Freund sein.“
Das alles hatte ich mir selbst auch schon gesagt, alle seine Argumente hatte mein Herz auch schon vorgebracht. Und die Entscheidung war dennoch gegen ihn ausgefallen. Wieder und immer wieder.
„Dann stell mich jemandem vor, dem du vertraust.“
„Anita findet auch, ich sollte die Finger von dir lassen. Sie droht sogar damit, mich sonst aus der Wohnung zu holen.“ Und Klaus, nun, der war nicht lebensmüde genug, um gerade bei diesem Thema gegen seine Liebste zu stimmen.
„Sie kennt mich noch nicht mal!“ Er blieb stehen und sah mich an, dann schüttelte er den erneut Kopf und näherte sich, bis er nur noch eine Armlänge entfernt war.
Mein Herz hatte sich offensichtlich devaporisiert, denn es begann plötzlich wieder wie verrückt zu schlagen – und ich konnte noch nicht einmal sagen, weshalb.
„Milo …“ Er kam noch einen Schritt näher, so dass er nun direkt vor mir stand. Ich war mir ziemlich sicher, dass mein Herz weiter Hochleistungssport betrieb, aber irgendwie war das völlig nebensächlich, wenn er so nah war und mich so ansah und dann die Hand hob und sie meinem Gesicht näherte.
Ich stolperte rückwärts. Ich würde gerne sagen, dass ich einfach einen Schritt nach hinten ging, aber das tat ich nicht. Da war nichts auf dem Boden und dennoch stolperte ich und war froh, am Ende noch aufrecht zu stehen. Als ich mich wieder gefangen hatte und zu Mischa sah, sah dieser trotz seiner Größe und Masse verloren aus.
„Ich kann nicht. Tut mir leid.“ Mein Ton war mal wieder schneidender als ich beabsichtigt hatte. Ich versuchte, die nächsten Worte etwas sanfter zu sagen, aber leider hatte ich nur mäßig Erfolg damit. „Ich sollte ins Bett. Und du auch. Es tut mir wirklich leid, aber ich habe es dir gleich zu Anfang gesagt: Zwischen uns wird nichts laufen.“
Ich wollte mich umdrehen, aber Mischas leise Stimme ließ mich noch einmal inne halten.
„Aber du warst eifersüchtig auf den Kleinen. Du magst mich.“
„Gerade deshalb.“ Das hatten wir doch schon geklärt. Eben erst.
„Ich war auch eifersüchtig auf Leon.“
Ich schloss die Augen. Das wollte ich nicht hören. Ich wusste, was er damit sagen wollte, in der dünnen Stimme, die so nichts mit seinem üblichen Bassbariton gemein hatte. Und der Teil von mir, der sich ihm in die Arme werfen wollte, wuchs auf fast nicht zu bändigende Größe. Betonung auf ‚fast‘.
„Es tut mir leid, Mischa“, wiederholte ich, wandte mich ab und ging zu meiner Zimmertür. „Gute Nacht.“
Mir war klar, dass seine Nacht alles andere als gut werden würde, aber meine wurde auch nicht besser. An Schlaf war nicht zu denken, dafür versank ich viel zu tief in Selbstmitleid und -hass. Dem Teil von mir, der froh war, dass ich an meinem Vorsatz festgehalten hatte, tat es leid, dass es so kommen musste, und der andere Teil, nun, der hasste den ersten.

***

Die nächsten Tage waren … unangenehm. Ich weiß nicht, was Thomas erwartet hatte, als er nach Hause kam, aber offenbar war es nicht die angespannte Stimmung gewesen, die eisern herrschte. Mischa war den Rest des Wochenendes – und, wenn ich ehrlich sein wollte, auch die darauffolgenden Tage – sehr still. Nicht unfreundlich oder mürrisch, einfach nur still. Und mit jedem Tag wurde die kleine Stimme in meinem Kopf etwas lauter, die sagte, dass ich einen Fehler gemacht hatte; dass er offenbar doch nicht so … ja, so was war? ‚Oberflächlich interessiert‘, traf das, was ich befürchtete noch am besten, aber jedes Mal, wenn meine Gedanken auch nur in die Richtung blinzelten, erinnerte ich mich wieder daran, dass Michael auch ‚nicht oberflächlich‘ interessiert gewesen war. Michael hatte ja auch nicht Schluss machen wollen, sondern ich. Weil ich seltsamerweise nicht damit leben konnte, dass mein Freund andere Kerle fickte. Noch dazu minderjährige Mini-Kerls.
Am Donnerstagabend saß ich kurz vor Mitternacht gemütlich im Pantoffelkino und guckte gerade Stirb Langsam 2, als die Tür aufging und ich Thomas leise fluchen hörte.
„Jetzt hilf doch ein bisschen mit, ey! Ich bin schließlich kein Schwerlaster.“
Obwohl die beiden Sätze ziemlich sicher bedeuteten, dass Mischa bei ihm war – Thomas war nicht der Typ für Selbstgespräche – stand ich auf und ging in den Flur, um zu schauen, ob Thomas meine Hilfe benötigte.
Tat er auch, aber uns war beiden klar, dass ich besser nicht mit anpackte: Thomas stand halb begraben unter Mischa, der ganz schön einen im Tee hatte – obwohl, nein, da war gar kein Tee mehr, das war nur noch Hochprozentiges.
Thomas bemerkte mich und nickte mir zu, als ich einen Schritt zurück machte. Ich beherrschte vielleicht keine Telepathie, aber ich konnte mir denken, dass Mischa weder wollte, dass ich ihn ins Bett brachte, noch, dass ich ihn überhaupt erst so … besoffen sah. Ich zumindest würde es nicht wollen.
Es tat mir leid. Ich wusste es natürlich nicht mit Sicherheit, aber falls das auch nur irgendetwas mit mir zu tun hatte, dann tat es mir wirklich, aufrichtig leid. Und das würde es auch morgen früh noch, wenn er mit einem Mordskater aufwachte.
Also nutzte ich die Zeit, in der sich die beiden umständlich umdrehten und die Tür zuschlossen, dafür, in die Küche zu verschwinden. Falls Mischa überhaupt bemerkte, dass der Fernseher lief, konnte er wenigstens denken, dass ich gerade auf Klo war.
Ich nahm mir das Glas Wasser, von dem ich hoffte, das Mischa es auch noch trinken würde, und begann dann, die Geschirrspülmaschine auszuräumen. Nicht meine Aufgabe in der WG, aber eine Beschäftigung für die Minuten, die Thomas brauchte, um Mischa ins dessen Zimmer zu verfrachten.
Ich war noch nicht ganz fertig, als ich hörte, wie der Fernseher ausgeschaltet wurde. Kurz darauf kam Thomas in die Küche.
„Was für ein Abend“, sagte er und grinste schief. „Wir sollten schon mal das Aspirin bereitstellen.“
Ich erwiderte das Grinsen schwach, holte die Aspirinpackung aus der Schublade und stellte sie auf den Küchentisch. Dann widmete ich meine Aufmerksamkeit den letzten beiden Tellern in der Spülmaschine. Irgendetwas lag in der Luft und ich wusste nicht, ob es mir gefiel.
Die Teller ruhten auf ihren Brüdern, der Küchenschrank schloss mit einem leisen Geräusch. Ich nahm mein Glas Wasser, drehte mich zu Thomas um und trank einen Schluck.
„Setzt du dich einen Moment zu mir?“
Also doch.
„Mischa geht’s grad nicht so gut“, sagte er, als ich mich ihm gegenüber an den Tisch gesetzt hatte.
Ich nickte. Das war mir bereits aufgefallen.
„Er mag dich wirklich, Milo.“
Das wollte ich nicht hören. Solche Sätze fütterten nur den Teil von mir, der ihm so gerne eine Chance geben würde; und es tat weh, den Teil mit immer größerem Kraftaufwand unterdrücken zu müssen.
Thomas’ Augen waren grün. Nicht grün-blau oder eine Mischung von verschiedenen Grüntönen, nein, einfach nur einheitlich grün. Minzgrün. Am inneren wie am äußeren Rand. Dafür waren seine hellbraunen Haare an den Spitzen von der Sonne ausgebleicht und so alles andere als einheitlich. Durcheinander waren sie auch, dank Mischa. Und leicht gewellt. Es war einfacher, sich auf die Augen- und Haarfarbe als auf den Blick zu konzentrieren.
Thomas seufzte. Es hörte sich müde an. „Er hat gesagt, du würdest ihn auch mögen.“ Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht. „Hat gesagt, du hättest ‚noch nicht mal versucht, es abzustreiten‘.“
Er musterte mich, aber ich erwiderte nichts. Da gab es nichts, das ich ihm sagen konnte, was ich nicht schon Mischa gesagt hatte – und was der wahrscheinlich Thomas bereits erzählt hatte.
„Ehrlich gesagt hatte ich am Freitagabend gedacht, dass ihr das klären würdet. Als du ihm nach bist, meine ich.“
Hatten wir ja auch. Wir hatten unsere Positionen dargelegt und da sie nicht übereinstimmten, war meine als Sieger hervorgegangen. Schließlich konnte man nichts miteinander haben, auch wenn einer davon nicht begeistert war, aber man konnte nicht etwas miteinander haben, wenn einer es nicht wollte.
„Jetzt schleicht ihr zwar nicht mehr umeinander herum“, fuhr Thomas fort, „aber dafür schleicht ihr in der Wohnung herum.“
„Ich schleiche nicht.“
Thomas sah mich amüsiert an. „Milo, du bist der ungeschlagene Meister im Herumschleichen – auch wenn Mischa dir gerade Konkurrenz macht. Aber du warst seit Samstag nur fürs Essenfassen in der Küche, ab und an im Bad und im Wohnzimmer nur, wenn Mischa nicht da war. Und denk nicht, ich hätte nicht bemerkt, dass du erst immer geschaut hättest, ob er da war oder nicht, wenn du Küche oder Wohnzimmer betreten hast.“
Vielleicht, aber das war nicht Herumschleichen. Das war sich zurückziehen oder im Zimmer einbunkern, aber nicht herumschleichen.
„Er hat mich gefragt, was er machen soll.“ Thomas legte den Kopf schief und musterte mich noch einmal, dann zuckte er mit den Schultern. „Und ehrlich gesagt hatte ich keine Antwort.“
Ich sah auf. „Dass er sich mich aus dem Kopf schlagen und sich jemand anders suchen soll.“
„Anscheinend hat dir das am Freitag aber auch nicht gepasst.“
Ich verzog das Gesicht und zwang mich, den Blickkontakt nicht zu unterbrechen. Keine Schwäche zeigen war das Tagesmotto.
„Ungewollte emotionale Reaktionen kann ich leider nicht steuern“, antwortete ich ruhig, „Handlungen aber schon. Ich werde mich nicht mit Mischa einlassen, also sollte er sich jemand anders suchen.“
„Mit ihm ‚einlassen‘ …? Milo, dir ist schon klar, dass er sich in dich verliebt hat?“
„Und?“
Thomas Blick wurde verständnislos. „Und das bedeutet, dass er Gefühle für dich hat – Mischa ist nicht auf der Suche nach einer Affäre oder einem Abenteuer, er hofft auf eine richtige, feste Beziehung.“
„Das wollte Micha…“ Ich stockte, dann zwang ich mich, die verdammte Endung anzuhängen. „…el auch.“
„Mischa ist nicht wie dein Ex! Er will mit dir zusammen sein, nicht einfach mit irgendjemandem. Er ist in dich ver…“
Ich weiß“, antwortete ich ungehalten, „und das wollte Michael auch!“ Ich war wohl lauter gewesen als beabsichtigt, denn Thomas riss überrascht die Augen auf und setzte sich instinktiv etwas gerader hin.
„Michael war ebenso in mich verliebt. Anfangs sogar stärker als ich in ihn, denn ich hab nur auf die Muskeln geguckt! Ich dachte, es würde ein One-Night-Stand werden, aber er wollte lieber meine Telefonnummer. Er hat mich um eine Verabredung gebeten, er hat mir danach immer eine SMS geschrieben, wie sehr es ihm gefallen hätte, er hat mir gesagt, dass er fest mit mir zusammen sein will und er war es auch, der schon so früh zusammenziehen wollte – er hat mich regelrecht bekniet, dass ich aus dem Studentenheim raus und mit in seine Wohnung ziehe. Ich weiß nicht, was du dir ausgemalt hast, aber Michael war gut zu mir, wenn man davon absieht, dass er sich öfter mal einen Spargeltarzan ins Bett geholt hat.“ Ich holte Luft und schüttelte den Kopf. „Er ist ein narzisstisches Arschloch, aber das hat man ihm nicht angemerkt. Ganz so dumm, mich mit einem offensichtlichen Arschloch einzulassen, bin ich dann doch nicht.“
„Milo …“
Ich schüttelte den Kopf stärker und er verstummte. „Noch mal zum Mitschreiben: Ich dachte auch nicht, dass Michael wie Michael ist.“
„Aber, Milo, Mischa ist wirklich nicht wie Michael! Mischa ist vollkommen mono…“
„Mag sein“, unterbrach ich ihn, „aber ich habe keine Lust, zu riskieren, die ganze Scheiße noch mal durchzumachen. Das zu entscheiden ist ja wohl mein Recht.“
„Natürlich“, erwiderte Thomas und wollte noch etwas sagen, aber ich hatte genug.
„Dann wäre das ja geklärt.“ Ich stand auf und stellte mein Glas in die Spüle. „Gute Nacht.“
Ich sollte aufhören, Streitgespräche mit diesen Worten zu beenden.

***

Am nächsten Morgen stand ich kurz vor neun in der Küche und briet ein Omelett mit Schinken und Käse.
Ein Rumpeln, zweimal Türgeräusche, die Toilettenspülung, dann laufendes Wasser.
Der Toaster spie die beiden Brotscheiben aus und ich zog sie rasch auf den Teller. Natürlich verbrannte ich mir dennoch die Fingerspitzen. Warum lernte ich auch nie, dass man Brot besser mit der Gabel oder von mir aus auch mit der Spaghettizange aus dem Toaster holte?
Ich fluchte leise und hielt meine Hände unter kaltes Wasser.
Noch ein Rumpeln. Noch einmal eine Tür.
Es gab keinen Grund dazu, aber dennoch wurde ich ein klitzekleines bisschen nervös. Wirklich nur ein My. Ein Mini-My. Wahrscheinlich fand mein Puls nur, dass Frühmorgensport eine gute Sache war.
Mischa kam hineingeschlurft, als ich gerade das Omelett auf den Teller lud.
„Mrgn.“ Nicht nur mit seinem Aussehen, nein, auch mit seiner Sprachen hätte er seinen geliebten Zombies Konkurrenz machen können.
„Morgen“, erwiderte ich.
Er ließ sich auf einen Küchenstuhl fallen, schnappte sich die Aspirinpackung und … zerkaute zwei Pillen. Pfui, bäh, igitt! Was sollte denn diese Selbstkasteiung? Ich musste fast kotzen, wenn ich die Pille nicht gleich beim ersten mal schlucken konnte und sie sich bereits ein wenig in meinem Mund aufzulösen begann, aber – kauen, absichtlich?
Er musste meinen Gesichtsausdruck gesehen haben, denn er knurmelte: „Hilft schneller so.“
„In der Packungsbeilage steht doch aber …“ Ich brach ab, als er mir einen Is’-mir-scheißegal-Blick zuwarf. Gut, wenn er dachte, es half schneller, dann wollte ich ihm da nicht reinreden. Ich musste es ja auch nicht schmecken. War ja sein Mund und meiner blieb weit davon entfernt.
Ich sah auf meinen Teller und dann zu Mischa, der nun mit geschlossenen Augen dasaß und darauf zu warten schien, dass die Wirkung endlich einsetzte. Dann gab ich mir einen Ruck, nahm ein großes Glas, füllte es mit Wasser und stellte es zusammen mit dem Teller vor Mischa. Gabel und Messer folgten.
Mischa sah erst auf den Teller, dann auf mich. Ich zuckte mit den Schultern. „Du brauchst das dringender als ich.“ Dann nahm ich mir ein Schüsselchen und füllte es mit Schokopops und Milch. Ich mochte sowieso keine Eier am Morgen.
Ich spürte Mischas Blick auf mir, als ich mich hinsetzte und zu essen begann, aber statt aufzusehen, starrte ich lieber die sich langsam dunkel verfärbende Milch.
„Danke.“
Diesmal war ich es, der nur brummte.

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