Klärende Gespräche, die nichts besser machen.
Mein Herz begann nicht heftig
zu pochen, mein Puls raste nicht. Das konnten sie auch nicht, denn mein Herz
schien vaporisiert worden zu sein. Und ohne Herz kein Puls, das wusste
schließlich jedes Kind.
Mischa, nah. Mischa und ich
alleine in der Wohnung. Mischa, der gerade gesagt hatte, was ich so gerne hören
wollte.
Und dann übernahm mein
Verstand wieder und erinnerte mich daran, dass ich das schon einmal gehört
hatte, von Michael, und dass ich mir versprochen hatte, nicht noch einmal die
gleiche Scheiße durchzumachen. Mir und Anita. Und Klaus, aber Ta war
definitiv furchteinflößender.
Ich senkte den Blick.
„Mischa …“ Ich brauchte nicht weiterzusprechen, er wusste, was ich sagen
wollte.
„Ist es wegen deinem Ex?“ Er
wandte sich ab, ging einen Schritt, wandte sich mir wieder zu. „Thomas hat mir
gesagt, dass ich ihm ähnlich sehe und von dir weiß ich, wie er sich verhalten
hat, aber – wenn du immer noch nicht sehen kannst, dass ich nicht so bin
wie er, dann weiß ich auch nicht, was ich machen soll!“
Zwei Meter. Zwei Meter
Dielenboden waren zwischen uns, aber es fühlte sich wie ein ganzer Ozean an.
Allerdings – vielleicht lag es daran, dass es Nacht und ich
durcheinander und so viel passiert war, aber auch wenn ich gestern meine Füße
noch auf dem Festland verankert gehabt hatte, stand ich jetzt auf einem
wackeligen Floss, das sich nicht entscheiden konnte, ob es von der Strömung
zurück auf meine oder doch lieber auf seine Seite getrieben wurde. Oder werden
wollte.
„Es war nicht nur Michael. Es
waren alle.“ Die Worte kamen nicht leicht über meine Lippen. Nicht, weil ich
sie mir nicht eingestehen wollte, sondern, weil ich mich dafür schämte. Ich
wollte nicht, dass er wusste, was für ein Versager ich in diesen Dingen war.
Denn es war nicht einfach nur Pech, dass ich an diese Kerle geraten war, nein.
Ich hatte sie mir ja selbst ausgesucht. „Die Männer, mit denen ich bis jetzt
etwas hatte, waren alle irgendwo wie er. Äußerlich wie vom Verhalten her.“ Ich
zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich stehe ich einfach
auf … Arschlöcher.“
„Und du hältst mich auch für
eines?“
„Nein.“ Ich schüttelte den
Kopf. „Ich habe nicht den Eindruck, dass du … aber bei Michael dachte
ich das auch nicht. Ich traue meiner Menschenkenntnis nicht, was das angeht.
Verstehst du? Und …“
„Und?“
Ich wandte den Blick ab. „Und
wenn ich daran denke, wie sehr ich ihn anfangs gemocht habe und als was für ein
Arsch er sich herausgestellt hat, und dann daran, wie sehr ich dich …“ Ich
zuckte mit den Schultern. „Falls da eine proportionale Relation besteht, will
ich echt nicht wissen, wie du wirklich bist.“
Mischa ließ sich das einen
Moment durch den Kopf gehen, dann schüttelte er den Kopf. „Du vertraust mir
nicht, weil du mich magst – und je mehr ich dich dazu bringe, mich zu
mögen, desto weniger vertraust du mir?“ Er warf die Hände in die Luft. „Das ist
doch verrückt!“
Ich schwieg. Was hätte ich
auch sagen sollen? Ich wusste, dass es bescheuert war, aber ich wusste auch,
wohin mich mein Männergeschmack bisher gebracht hatte.
Er pirschte mehrmals hin und
her und erinnerte mich dabei an den Löwen, den ich als Kind im Zoo gesehen
hatte und der immer in einer Acht in seinem viel zu kleinen Käfig herumgelaufen
war.
„Und Thomas’ Menschenkenntnis
vertraust du auch nicht? Er wäre sicher nicht mit mir befreundet, wenn ich so
wäre wie dein Ex!“
„Thomas kenne ich noch nicht
lange genug, um auf seine Einschätzung zu vertrauen“, erwiderte ich leise. Ich
wollte nicht jedem seiner Versuche etwas entgegenhalten, aber ich konnte auch
nicht so tun, als hätte er mich überzeugt. Was würde das denn bitte bringen?
„Außerdem ist es etwas anderes, ob man mit jemandem befreundet oder zusammen
ist. Nur, weil jemand den Partner betrügt, muss er kein schlechter Freund
sein.“
Das alles hatte ich mir
selbst auch schon gesagt, alle seine Argumente hatte mein Herz auch schon
vorgebracht. Und die Entscheidung war dennoch gegen ihn ausgefallen. Wieder und
immer wieder.
„Dann stell mich jemandem
vor, dem du vertraust.“
„Anita findet auch, ich
sollte die Finger von dir lassen. Sie droht sogar damit, mich sonst aus der
Wohnung zu holen.“ Und Klaus, nun, der war nicht lebensmüde genug, um gerade
bei diesem Thema gegen seine Liebste zu stimmen.
„Sie kennt mich noch nicht
mal!“ Er blieb stehen und sah mich an, dann schüttelte er den erneut Kopf und
näherte sich, bis er nur noch eine Armlänge entfernt war.
Mein Herz hatte sich
offensichtlich devaporisiert, denn es begann plötzlich wieder wie verrückt zu
schlagen – und ich konnte noch nicht einmal sagen, weshalb.
„Milo …“ Er kam noch
einen Schritt näher, so dass er nun direkt vor mir stand. Ich war mir ziemlich
sicher, dass mein Herz weiter Hochleistungssport betrieb, aber irgendwie war
das völlig nebensächlich, wenn er so nah war und mich so ansah und dann die
Hand hob und sie meinem Gesicht näherte.
Ich stolperte rückwärts. Ich
würde gerne sagen, dass ich einfach einen Schritt nach hinten ging, aber das
tat ich nicht. Da war nichts auf dem Boden und dennoch stolperte ich und war
froh, am Ende noch aufrecht zu stehen. Als ich mich wieder gefangen hatte und
zu Mischa sah, sah dieser trotz seiner Größe und Masse verloren aus.
„Ich kann nicht. Tut mir
leid.“ Mein Ton war mal wieder schneidender als ich beabsichtigt hatte. Ich
versuchte, die nächsten Worte etwas sanfter zu sagen, aber leider hatte ich nur
mäßig Erfolg damit. „Ich sollte ins Bett. Und du auch. Es tut mir wirklich
leid, aber ich habe es dir gleich zu Anfang gesagt: Zwischen uns wird nichts
laufen.“
Ich wollte mich umdrehen,
aber Mischas leise Stimme ließ mich noch einmal inne halten.
„Aber du warst eifersüchtig
auf den Kleinen. Du magst mich.“
„Gerade deshalb.“ Das hatten
wir doch schon geklärt. Eben erst.
„Ich war auch eifersüchtig
auf Leon.“
Ich schloss die Augen. Das
wollte ich nicht hören. Ich wusste, was er damit sagen wollte, in der dünnen
Stimme, die so nichts mit seinem üblichen Bassbariton gemein hatte. Und der
Teil von mir, der sich ihm in die Arme werfen wollte, wuchs auf fast nicht zu
bändigende Größe. Betonung auf ‚fast‘.
„Es tut mir leid, Mischa“,
wiederholte ich, wandte mich ab und ging zu meiner Zimmertür. „Gute Nacht.“
Mir war klar, dass seine
Nacht alles andere als gut werden würde, aber meine wurde auch nicht besser. An
Schlaf war nicht zu denken, dafür versank ich viel zu tief in Selbstmitleid und
-hass. Dem Teil von mir, der froh war, dass ich an meinem Vorsatz festgehalten
hatte, tat es leid, dass es so kommen musste, und der andere Teil, nun, der
hasste den ersten.
***
Die nächsten Tage
waren … unangenehm. Ich weiß nicht, was Thomas erwartet hatte, als er
nach Hause kam, aber offenbar war es nicht die angespannte Stimmung gewesen,
die eisern herrschte. Mischa war den Rest des Wochenendes – und, wenn
ich ehrlich sein wollte, auch die darauffolgenden Tage – sehr still.
Nicht unfreundlich oder mürrisch, einfach nur still. Und mit jedem Tag wurde
die kleine Stimme in meinem Kopf etwas lauter, die sagte, dass ich einen Fehler
gemacht hatte; dass er offenbar doch nicht so … ja, so was war?
‚Oberflächlich interessiert‘, traf das, was ich befürchtete noch am besten,
aber jedes Mal, wenn meine Gedanken auch nur in die Richtung blinzelten,
erinnerte ich mich wieder daran, dass Michael auch ‚nicht oberflächlich‘
interessiert gewesen war. Michael hatte ja auch nicht Schluss machen wollen,
sondern ich. Weil ich seltsamerweise nicht damit leben konnte, dass mein Freund
andere Kerle fickte. Noch dazu minderjährige Mini-Kerls.
Am Donnerstagabend saß ich
kurz vor Mitternacht gemütlich im Pantoffelkino und guckte gerade Stirb
Langsam 2, als die Tür aufging und ich Thomas leise fluchen hörte.
„Jetzt hilf doch ein bisschen
mit, ey! Ich bin schließlich kein Schwerlaster.“
Obwohl die beiden Sätze
ziemlich sicher bedeuteten, dass Mischa bei ihm war – Thomas war
nicht der Typ für Selbstgespräche – stand ich auf und ging in den
Flur, um zu schauen, ob Thomas meine Hilfe benötigte.
Tat er auch, aber uns war
beiden klar, dass ich besser nicht mit anpackte: Thomas stand halb begraben
unter Mischa, der ganz schön einen im Tee hatte – obwohl, nein, da war gar
kein Tee mehr, das war nur noch Hochprozentiges.
Thomas bemerkte mich und
nickte mir zu, als ich einen Schritt zurück machte. Ich beherrschte vielleicht
keine Telepathie, aber ich konnte mir denken, dass Mischa weder wollte, dass
ich ihn ins Bett brachte, noch, dass ich ihn überhaupt erst
so … besoffen sah. Ich zumindest würde es nicht wollen.
Es tat mir leid. Ich wusste
es natürlich nicht mit Sicherheit, aber falls das auch nur irgendetwas mit mir
zu tun hatte, dann tat es mir wirklich, aufrichtig leid. Und das würde es auch
morgen früh noch, wenn er mit einem Mordskater aufwachte.
Also nutzte ich die Zeit, in
der sich die beiden umständlich umdrehten und die Tür zuschlossen, dafür, in
die Küche zu verschwinden. Falls Mischa überhaupt bemerkte, dass der Fernseher
lief, konnte er wenigstens denken, dass ich gerade auf Klo war.
Ich nahm mir das Glas Wasser,
von dem ich hoffte, das Mischa es auch noch trinken würde, und begann dann, die
Geschirrspülmaschine auszuräumen. Nicht meine Aufgabe in der WG, aber eine
Beschäftigung für die Minuten, die Thomas brauchte, um Mischa ins dessen Zimmer
zu verfrachten.
Ich war noch nicht ganz
fertig, als ich hörte, wie der Fernseher ausgeschaltet wurde. Kurz darauf kam
Thomas in die Küche.
„Was für ein Abend“, sagte er
und grinste schief. „Wir sollten schon mal das Aspirin bereitstellen.“
Ich erwiderte das Grinsen
schwach, holte die Aspirinpackung aus der Schublade und stellte sie auf den
Küchentisch. Dann widmete ich meine Aufmerksamkeit den letzten beiden Tellern
in der Spülmaschine. Irgendetwas lag in der Luft und ich wusste nicht, ob es
mir gefiel.
Die Teller ruhten auf ihren
Brüdern, der Küchenschrank schloss mit einem leisen Geräusch. Ich nahm mein
Glas Wasser, drehte mich zu Thomas um und trank einen Schluck.
„Setzt du dich einen Moment
zu mir?“
Also doch.
„Mischa geht’s grad nicht so
gut“, sagte er, als ich mich ihm gegenüber an den Tisch gesetzt hatte.
Ich nickte. Das war mir
bereits aufgefallen.
„Er mag dich wirklich, Milo.“
Das wollte ich nicht hören.
Solche Sätze fütterten nur den Teil von mir, der ihm so gerne eine Chance geben
würde; und es tat weh, den Teil mit immer größerem Kraftaufwand unterdrücken zu
müssen.
Thomas’ Augen waren grün.
Nicht grün-blau oder eine Mischung von verschiedenen Grüntönen, nein, einfach
nur einheitlich grün. Minzgrün. Am inneren wie am äußeren Rand. Dafür waren
seine hellbraunen Haare an den Spitzen von der Sonne ausgebleicht und so alles
andere als einheitlich. Durcheinander waren sie auch, dank Mischa. Und leicht
gewellt. Es war einfacher, sich auf die Augen- und Haarfarbe als auf den Blick
zu konzentrieren.
Thomas seufzte. Es hörte sich
müde an. „Er hat gesagt, du würdest ihn auch mögen.“ Ein kleines Lächeln
huschte über sein Gesicht. „Hat gesagt, du hättest ‚noch nicht mal versucht, es abzustreiten‘.“
Er musterte mich, aber ich
erwiderte nichts. Da gab es nichts, das ich ihm sagen konnte, was ich nicht
schon Mischa gesagt hatte – und was der wahrscheinlich Thomas bereits
erzählt hatte.
„Ehrlich gesagt hatte ich am
Freitagabend gedacht, dass ihr das klären würdet. Als du ihm nach bist, meine
ich.“
Hatten wir ja auch. Wir
hatten unsere Positionen dargelegt und da sie nicht übereinstimmten, war meine
als Sieger hervorgegangen. Schließlich konnte man nichts miteinander
haben, auch wenn einer davon nicht begeistert war, aber man konnte nicht etwas
miteinander haben, wenn einer es nicht wollte.
„Jetzt schleicht ihr zwar
nicht mehr umeinander herum“, fuhr Thomas fort, „aber dafür schleicht ihr in
der Wohnung herum.“
„Ich schleiche nicht.“
Thomas sah mich amüsiert an.
„Milo, du bist der ungeschlagene Meister im Herumschleichen – auch
wenn Mischa dir gerade Konkurrenz macht. Aber du warst seit Samstag nur fürs
Essenfassen in der Küche, ab und an im Bad und im Wohnzimmer nur, wenn Mischa
nicht da war. Und denk nicht, ich hätte nicht bemerkt, dass du erst immer
geschaut hättest, ob er da war oder nicht, wenn du Küche oder Wohnzimmer
betreten hast.“
Vielleicht, aber das war
nicht Herumschleichen. Das war sich zurückziehen oder im Zimmer einbunkern,
aber nicht herumschleichen.
„Er hat mich gefragt, was er
machen soll.“ Thomas legte den Kopf schief und musterte mich noch einmal, dann
zuckte er mit den Schultern. „Und ehrlich gesagt hatte ich keine Antwort.“
Ich sah auf. „Dass er sich
mich aus dem Kopf schlagen und sich jemand anders suchen soll.“
„Anscheinend hat dir das am
Freitag aber auch nicht gepasst.“
Ich verzog das Gesicht und
zwang mich, den Blickkontakt nicht zu unterbrechen. Keine Schwäche zeigen war
das Tagesmotto.
„Ungewollte emotionale
Reaktionen kann ich leider nicht steuern“, antwortete ich ruhig, „Handlungen
aber schon. Ich werde mich nicht mit Mischa einlassen, also sollte er sich
jemand anders suchen.“
„Mit ihm ‚einlassen‘ …?
Milo, dir ist schon klar, dass er sich in dich verliebt hat?“
„Und?“
Thomas Blick wurde
verständnislos. „Und das bedeutet, dass er Gefühle für dich
hat – Mischa ist nicht auf der Suche nach einer Affäre oder einem
Abenteuer, er hofft auf eine richtige, feste Beziehung.“
„Das wollte Micha…“ Ich
stockte, dann zwang ich mich, die verdammte Endung anzuhängen. „…el auch.“
„Mischa ist nicht wie dein
Ex! Er will mit dir zusammen sein, nicht einfach mit irgendjemandem. Er
ist in dich ver…“
„Ich weiß“, antwortete
ich ungehalten, „und das wollte Michael auch!“ Ich war wohl lauter
gewesen als beabsichtigt, denn Thomas riss überrascht die Augen auf und setzte
sich instinktiv etwas gerader hin.
„Michael war ebenso in
mich verliebt. Anfangs sogar stärker als ich in ihn, denn ich hab nur auf die
Muskeln geguckt! Ich dachte, es würde ein One-Night-Stand werden, aber er
wollte lieber meine Telefonnummer. Er hat mich um eine Verabredung gebeten, er
hat mir danach immer eine SMS geschrieben, wie sehr es ihm gefallen hätte, er
hat mir gesagt, dass er fest mit mir zusammen sein will und er war es auch, der
schon so früh zusammenziehen wollte – er hat mich regelrecht bekniet,
dass ich aus dem Studentenheim raus und mit in seine Wohnung ziehe. Ich weiß
nicht, was du dir ausgemalt hast, aber Michael war gut zu mir, wenn man davon
absieht, dass er sich öfter mal einen Spargeltarzan ins Bett geholt hat.“ Ich
holte Luft und schüttelte den Kopf. „Er ist ein narzisstisches Arschloch, aber
das hat man ihm nicht angemerkt. Ganz so dumm, mich mit einem offensichtlichen
Arschloch einzulassen, bin ich dann doch nicht.“
„Milo …“
Ich schüttelte den Kopf
stärker und er verstummte. „Noch mal zum Mitschreiben: Ich dachte auch nicht,
dass Michael wie Michael ist.“
„Aber, Milo, Mischa ist wirklich
nicht wie Michael! Mischa ist vollkommen mono…“
„Mag sein“, unterbrach ich
ihn, „aber ich habe keine Lust, zu riskieren, die ganze Scheiße noch mal
durchzumachen. Das zu entscheiden ist ja wohl mein Recht.“
„Natürlich“, erwiderte Thomas
und wollte noch etwas sagen, aber ich hatte genug.
„Dann wäre das ja geklärt.“
Ich stand auf und stellte mein Glas in die Spüle. „Gute Nacht.“
Ich sollte aufhören,
Streitgespräche mit diesen Worten zu beenden.
***
Am nächsten Morgen stand ich
kurz vor neun in der Küche und briet ein Omelett mit Schinken und Käse.
Ein Rumpeln, zweimal
Türgeräusche, die Toilettenspülung, dann laufendes Wasser.
Der Toaster spie die beiden
Brotscheiben aus und ich zog sie rasch auf den Teller. Natürlich verbrannte ich
mir dennoch die Fingerspitzen. Warum lernte ich auch nie, dass man Brot besser
mit der Gabel oder von mir aus auch mit der Spaghettizange aus dem Toaster
holte?
Ich fluchte leise und hielt
meine Hände unter kaltes Wasser.
Noch ein Rumpeln. Noch einmal
eine Tür.
Es gab keinen Grund dazu,
aber dennoch wurde ich ein klitzekleines bisschen nervös. Wirklich nur ein My.
Ein Mini-My. Wahrscheinlich fand mein Puls nur, dass Frühmorgensport eine gute
Sache war.
Mischa kam hineingeschlurft,
als ich gerade das Omelett auf den Teller lud.
„Mrgn.“ Nicht nur mit seinem
Aussehen, nein, auch mit seiner Sprachen hätte er seinen geliebten Zombies
Konkurrenz machen können.
„Morgen“, erwiderte ich.
Er ließ sich auf einen
Küchenstuhl fallen, schnappte sich die Aspirinpackung und … zerkaute
zwei Pillen. Pfui, bäh, igitt! Was sollte denn diese Selbstkasteiung? Ich
musste fast kotzen, wenn ich die Pille nicht gleich beim ersten mal schlucken
konnte und sie sich bereits ein wenig in meinem Mund aufzulösen begann,
aber – kauen, absichtlich?
Er musste meinen Gesichtsausdruck
gesehen haben, denn er knurmelte: „Hilft schneller so.“
„In der Packungsbeilage steht
doch aber …“ Ich brach ab, als er mir einen Is’-mir-scheißegal-Blick
zuwarf. Gut, wenn er dachte, es half schneller, dann wollte ich ihm da nicht
reinreden. Ich musste es ja auch nicht schmecken. War ja sein Mund und meiner
blieb weit davon entfernt.
Ich sah auf meinen Teller und
dann zu Mischa, der nun mit geschlossenen Augen dasaß und darauf zu warten
schien, dass die Wirkung endlich einsetzte. Dann gab ich mir einen Ruck, nahm
ein großes Glas, füllte es mit Wasser und stellte es zusammen mit dem Teller
vor Mischa. Gabel und Messer folgten.
Mischa sah erst auf den
Teller, dann auf mich. Ich zuckte mit den Schultern. „Du brauchst das
dringender als ich.“ Dann nahm ich mir ein Schüsselchen und füllte es mit
Schokopops und Milch. Ich mochte sowieso keine Eier am Morgen.
Ich spürte Mischas Blick auf
mir, als ich mich hinsetzte und zu essen begann, aber statt aufzusehen, starrte
ich lieber die sich langsam dunkel verfärbende Milch.
„Danke.“
Diesmal war ich es, der nur
brummte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen